Interior-Fotografie: Tipps für eine gelungene Inszenierung von Innenräumen
Wenn wir von architektur-photo.com damit beauftragt werden, Innenräume zu fotografieren fragen wir uns immer zuerst „Wer ist der Adressat der Fotos“ und welche Emotionen sollen transportiert werden. Da unterscheiden sich Zahnarztpraxis, Friseur, Ferienwohnung oder Industriegebäude und Bürogebäude durchaus erheblich.
Entscheidend ist, welche Wirkung die Bilder bei der Zielgruppe haben. Daher gehört der Anspruch des Nutzers als erster Punkt mit in die Planung und Vorbereitung. Idealerweise mache ich vor dem Fototermin zunächst einen Termin mit dem Auftraggeber und besichtige die Räumlichkeiten – ohne Kamera.
Als Vermieter einer Ferienwohnung zum Beispiel muss ich mir überlegen, was der Gast empfinden soll. Welches Raumgefühl, was sind die Besonderheiten der Ferienwohnung. Wirken die Räume geräumig, hell, warm, gemütlich und ansprechend, werden Interessenten wesentlich wahrscheinlicher zu Gästen werden. Ich muss dem Interessenten vermitteln, das er hier genau das bekommt, was er sucht. Der spätere Gast soll Lust bekommen, die Wohnung zu mieten.
Doch bevor wir mit dem Projekt starten besprechen wir doch erst einmal die Ausrüstung, die uns bei der Umsetzung der Aufgabe unterstützt.
Die Ausrüstung
Immer ein Stativ verwenden.
Das Stativ ist die feste Grundsäule bei der Interior-Fotografie. Ein ganz guter Grundsatz zur Fotografie von Innenräumen sind gerade Linien im Bild. Dazu ist es erforderlich, die Kamera sauber auszurichten. Ist die Kamera gegenüber Wänden gekippt, entstehende stürzende Linien.
Dazu kommt meist die Arbeit mit einer kleinen Blendenöffnung und damit verbunden einer langen Belichtungszeit. Wenn wir dann noch DRI Bilder produzieren, müssen die Einzelbilder für diese Multiexposure Technik exakt übereinander liegen. Also muss das Stativ auch eine gewisse Stabilität mitbringen.
Beim Ausrichten der Kamera hilft sowohl die integrierte Wasserwaage am Stativ als auch die elektronische in der Kamera.
Das richtige Objektiv verwenden
Um mit einer perfekt ausgerichteten Kamera ansprechende Aufnahmen machen zu können arbeiten wir meist mit Tilt/Shift Objektiven. Diese Gläser haben den Vorteil eines größeren Bildkreises und können so innerhalb dieses Bildkreises verfahren werden, um Räume so abzubilden wie wir diese sehen.
Bei einem normalen Objektiv würde die optische Achse so liegen, dass Fußboden und Raum sich das Bild teilen, der Boden also überbetont ist. (s. Abbildung). Ein Shift Objektiv kann ich jetzt nach oben drehen und bekomme eine bessere Aufteilung / Komposition meines Bildes.
Entsprechend der Größe der Räume muss die Brennweite des Objektivs gewählt werden. Wir versuchen immer, zu starke Weitwinkelobjektive zu vermeiden, da Raumabmessungen dadurch sehr verzerrt erscheinen (vergrößert). Lieber fertigen wir in diesen Fällen „Shift Panoramen“ an. Damit erfassen wir z.B. mit einem 24mm einen vergleichbaren Bildwinkel wie eine 16mm Objektiv, haben aber wesentlich weniger Streckung im Bild.
Blitz – ja oder nein
Ich lese oft dass viele davon abraten, in der Innenraumfotografie mit Blitzlicht zu arbeiten. Das mag für Anfänger/ungeübte auch der Fall sein. Wenn wir eine bestimmte Lichtstimmung erzeugen bzw. verstärken möchten ist für uns der Einsatz von Blitzlicht bei Interieur Shootings unerlässlich. Dazu muss man allerdings sehr genau wissen was man tut und das geeignete Equipment für perfekte Lichtkontrolle haben. Bei uns daher ein klares JA!
Planung / Ziel des Shootings
Wenn Ziel und Technik für das Shooting geklärt sind, kommt von Beginn des Shooting noch die Frage des Stylings auf. Nicht das des Fotografen sondern des Raums / Interieurs. Und hier reicht das Spektrum vom sauberen Raum für ein Immobilienshooting bis zum Homestaging bzw. Milleu Shooting einer Küche.
Daher ist es immer wesentlich, das Ziel des Shootings im Kopf zu behalten – entsprechend sollte der Raum inszeniert bzw. gestylt sein. Wie soll der Kunde die Räume empfinden. Welche Nutzung, welche Emotionen soll er damit verbinden. Wie soll der Betrachter die Architektur wahrnehmen? Mit oder ohne „Leben“? Sind diese Fragen beantwortet müssen die Räume geeignet vorbereitet werden.
Zum Styling gehört auch Ordnung. Möbel sauber ausrichten, Falten in Stoffen glätten, unnötige Dinge entfernen etc. Je ordentlicher ein Raum wirkt, desto ansprechender wird das Foto!
Dann geht es an die Blickwinkel...
Der Blickwinkel
Aus welchem Blickwinkel wir fotografieren hängt zum einen vom Auftraggeber ab. Zum anderen von unserer Inspiration. Wir beraten unsere Auftraggeber gerne auch in diesen Themen. Z.B. wollen Architekten sehr oft Fotos, die ihren Plänen / Entwürfen entsprechen. Das sind nun einmal oftmals Bilder parallel zu Wänden.
Blickwinkel, die eine gewisse Tiefe im Bild zu erzeugen sind z.B. die Diagonalen im Zimmer. Der Raum erscheint dadurch größer und wohnlicher. Dabei sollten Regeln beachtet werden, die man bei Interieurfotos einhalten muss, um ein korrektes Bild der Wohnung zu erhalten. Selbst bei einer exakt austarierten Kamera erscheinen die Proportionen oft nicht korrekt wenn schräg in den Raum hinein fotografiert wird. Hier muss im Post Processing nochmals Hand angelegt werden.
Außerdem sollte aus unterschiedlichen Stativhöhen fotografiert werden – oder mal von oben - nicht immer ist eine Aufnahme auf Augenhöhe die beste Perspektive.
Um eine Geschichte einer Wohnung oder eines Hauses zu erzählen, sollte eine Mischung aus Gesamtblick, Teile der Räume und natürlich Details fotografiert werden. So kann die Atmosphäre von Räumen besser wiedergegeben werden.
Die Umsetzung
Lichtverhältnisse
Licht ist besonders wichtig – schließlich lebt die Fotografie genau davon.
Welches ist die richtige Tageszeit für die Aufnahmen? Wo steht die Sonne? Wann ist es zu hell oder zu dunkel? Ist eine Nachtstimmung gewünscht oder soll der Raum sonnendurchflutet wirken? Sollen vorhandene künstliche Lichtquellen mitverwendet werden?
In den meisten Fällen arbeiten wir von architektur-photo.com mit natürlichem Licht. Dieses wird je nach Botschaft mit künstlichen Lichtquellen ergänzt. Sowohl von im Raum vorhandenen Lichtquellen als auch von gezielt gesetztem Ambiente Licht aus dem Blitzgenerator oder vom Halogenbrenner. Dabei versuchen wir, sehr helles Sonnenlicht möglichst zu vermeiden, da der Dynamikumfang dann sehr hoch wird.
Perfekte Interior-Fotos erhält man indem man sich aus allen Welten bedient: Blitzlicht, Tageslicht, Kunstlicht
Spiegelungen / Reflexe
Wahrend der Aufnahmen ist es sehr wichtig darauf zu achten dass Fotograf und Equipment möglichst nicht als Spiegelung in Möbeln oder andern glatten und spiegelnden Flächen zu sehen sind. Sonst wird das Post Processing besonders aufwändig. Es lässt sich allerdings nicht immer ganz vermeiden. Auch der Einsatz eines Polarisationsfilters hilft da nur bedingt.
Detailaufnahmen
Die schöne Vase mit frischen Blumen gehört genauso zu einer Wohnung wie die Couch oder der barocke Sekretär. Daher sollte sich der Interieurfotograf auch für diesen Gegenstände etwas Zeit einplanen. Dabei sollten diese Details immer in einen größeren Bezug zur Umgebung gesetzt werden.
Hier ist es ratsam mit einer größeren Brennweite zu arbeiten. Damit können einzelne Objekte im Raum freigestellt werden um den Gegenstand zu betonen ohne den Bezug zur Umgebung zu verlieren.
Nach dem Shooting
Postproduktion
Wenn die Bilder, hoffentlich als RAW oder DNG fotografiert, denn endlich auf der Speicherkarte sind, steht noch das Postprocessing an. Das sind in einfachen Fällen das Begradigen perspektivischen Verzerrungen, die Korrekturen von Highlights, Schatten, ggf. Weißabgleich. Dazu kommen noch DRI Aufnahmen oder das Panorama Stitching.
Das Ganze kann bis zur ausgefeilten Retusche getrieben werden oder zum Schluß mit einem corporate picture style versehen werden. Grenzen gibt es hier wenige...
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